Dashiell Hammett

(1894-1961)

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Dashiell Hammett

Zwischen Gut und Böse

Was passiert, wenn die Grenze zwischen Gesetz und Gesetzlosigkeit verschwimmt? Welche Werte gelten, wenn das Vertrauen in das Recht verloren geht? Dashiell Hammett war mit seinen Krimis der erste, der dieses Problem leicht verständlich abhandelte. Seine Romane kreisen um Gier und Gewalt, Überlebenswillen und Loyalität und um Menschen, die jenseits einer korrupten Justiz ihre eigene Moral entwickeln.

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Dashiell Hammett

Zwischen Gut und Böse

Was passiert, wenn die Grenze zwischen Gesetz und Gesetzlosigkeit verschwimmt? Welche Werte gelten, wenn das Vertrauen in das Recht verloren geht? Dashiell Hammett war mit seinen Krimis der erste, der dieses Problem leicht verständlich abhandelte. Seine Romane kreisen um Gier und Gewalt, Überlebenswillen und Loyalität und um Menschen, die jenseits einer korrupten Justiz ihre eigene Moral entwickeln.

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Zwischen Gut und Böse

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Dashiell Hammett

(1894-1961)

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Artikeltext:

Es gab einmal eine Zeit, da war jeder Krimi ein kompliziertes Rätsel, das ein genialer Denker für den verwirrten Leser löste. Doch die verzwickten Fälle eines Sherlock Holmes hatten rein gar nichts mit der amerikanischen Realität der 1920er Jahre zu tun. Zeit, das Genre zu revolutionieren. So wurde ein abgehalfterter Privatdetektiv namens Dashiell Hammett zum Vater des sozialkritischen Krimis.

Eine amerikanische Jugend

Sam Hammett - Dashiell ist ein Künstlername - wurde am 27. Mai 1894 im amerikanischen Maryland geboren. Seine Kindheit war nicht untypisch für ein Land, in dem Menschen ohne familiäre Bindungen und ohne Sozialsystem lebten. Hammett erhielt eine ausgezeichnete Bildung, solange sein Vater Arbeit hatte. Doch als der krank wurde und diese Arbeit verlor, musste der 13-jährige die Schule verlassen und mit seinem Verdienst die Familie unterstützen. So hatte Sam schon viel erlebt, als ihn im Jahr 1915 die Pinkerton National Detective Agency anheuerte. In ihrem Auftrag beschattete Hammett Ehebrecher, klärte Ladendiebstähle auf und suchte nach verschwundenen Schmuckstücken.

Im Dienst des Vaterlandes

Im April 1917 trat die USA in den ersten Weltkrieg ein und das relativ unvorbereitet. Bald pflasterten Plakate alle Wände, um junge Männer dazu zu bewegen, sich freiwillig zu melden. Hammett folgte dem Aufruf. Er trat 1918 der Armee bei und kam ins Sanitätskorps. Dort infizierte er sich innert Kürze mit der damals grassierenden Spanischen Grippe. Anders als Millionen von Menschen weltweit starb er daran nicht. Doch die Krankheit schwächte sein Immunsystem. Das ermöglichte es einer latenten Tuberkuloseinfektion auszubrechen. Auch wenn Hammett nicht mitgekämpft hatte, kostete ihn der Krieg die Zukunft.

Menschen warten vor dem "geheimen" Krazy Kat Club in Washington. Foto: Library of Congress

San Francisco im Zeichen der Prohibition

Doch zunächst hatte Hammett das Glück, dass Pinkerton ihn brauchte konnte. Man stellte den angeschlagenen Kriegsheimkehrer ein, um für die Niederlassung in San Francisco zu arbeiten. Frisco war damals das Einfallstor des Ostens. Hier betraten Tausende von Chinesen erstmals amerikanischen Boden. Sie alle hofften, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, Arbeit und ein besseres Leben zu finden. Das gelang nur wenigen. Alle anderen träumten sich in zwielichtigen Opiumhöhlen in ein anderes Leben. Chinesen waren die Saloons mit Whiskey, Glücksspiel und käuflichen Frauen versperrt. Die waren für die Weißen reserviert und stets überfüllt.
Tranken all die Männer, um ihr Scheitern zu vergessen? Oder scheiterten sie, weil sie tranken? Letzteres! So argumentierte zumindest die evangelikale Oberschicht. Sie machte nicht die sozialen Verhältnisse, sondern den Alkohol verantwortlich. Ihnen waren die schmutzigen Etablissements, wo Einwanderer aus Irland oder Deutschland gemeinsam ihr Bier tranken, ein Gräuel. Viele einflussreiche Bürger und vor allem Bürgerinnen wollten diese Lasterhöhlen beseitigen, indem sie für ein gesetzliches Verbot von Herstellung, Verkauf und Genuss von Alkohol kämpften.
Das geschah mit dem 18. Zusatzartikel, der am 16. Januar 1919 ratifiziert wurde. Ein Jahr danach trat die Prohibition in Kraft. Doch der Kongress hatte damit ein Gesetz erlassen, das er wegen mangelnder Ressourcen nicht durchzusetzen vermochte. Die Konsequenz: Niemand hielt sich daran. Flüsterkneipen boomten! Jeder wusste, wie und wo er sich Alkohol verschaffen konnte und kam so mit all den kleinen Gaunern in Kontakt, die diesen Alkohol anboten. Die Prohibition machte gesetzestreue Bürger zu Verbündeten von Gesetzesbrechern und sorgte dafür, dass die Grenze zwischen Recht und Unrecht verschwamm, der Gesetzesbruch salonfähig wurde. War Al Capone ein Gewaltverbrecher oder nur ein bestens vernetzter Geschäftsmann, der die bessere Gesellschaft von Chicago mit dem begehrten Alkohol versorgte? Schließlich verkehrte der Mann in den besten Kreisen...

Das Anaconda Road Massacre

Das war das teuflische an der Gesellschaft, die durch die Prohibition entstand. Korruption verband Polizei und Politik mit als Geschäftsmännern getarnten Verbrechern. Alle beobachteten das, auch Hammett. Er wurde Zeuge eines ganz besonders krassen Falls. Pinkerton schickte ihn im Frühjahr 1920 nach Butte. In der Bergwerksstadt braute sich ein Arbeitskampf zusammen. Die Arbeiter der Anaconda Mine forderten mehr Lohn, den Achtstundentag und Gewerkschaften. Sie errichteten Barrikaden, um Streikbrecher so am Betreten der Mine zu hindern. Ihr gutes Recht? Darüber könnte man diskutieren. Auf jeden Fall hatten die Bergwerksbosse einen heißen Draht zur Polizei. Auf ihr Geheiß ernannte der Sheriff die Anaconda Sicherheitsmänner zu Hilfssheriffs und räumte mit ihnen die Barrikaden. Schüsse fielen. Ein Mann starb. Sechzehn Arbeiter wurden schwer verletzt. Die Nationalgarde wurde gerufen. Sie beendete nicht nur die Gewalt, sondern auch den Arbeitskampf. Bestraft wurde übrigens keiner der Todesschützen. Man könne ja wohl kaum ermitteln, aus welchem Gewehr die todbringende Kugel geflogen sei, stellte der Richter fest.

Hungrige warten vor einer privaten Suppenküche.

Leben in einem Land, in dem das Recht auf der Seite der Mächtigen steht

Das Gesetz kannte damals zwei Maßstäbe, einen für die Reichen und einen für den Rest der Welt. Es blieb die Hoffnung auf ein eigenes, kleines Glück. Hammett hatte Arbeit, heiratete am 7. Juli 1921 eine bezaubernde Frau und wurde Vater. Dann platzte der Traum. Seine Tuberkulose wurde schlimmer. Er verlor die Arbeit und musste aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen, um die Familie nicht anzustecken. Und so saß Hammett, krank, einsam, hoffnungs-, hilfs- und arbeitslos in einem der billigen Apartmenthäuser, in denen er später seine Detektive hausen lassen sollte.
Er soff, und arbeitete in seinen nüchternen Phasen, um seine zwei Kinder, seine Frau und natürlich auch sich selbst zu ernähren. Er nutzte seine Erfahrungen als Privatdetektiv, um realistische Kriminalromane zu schreiben. So ganz nebenbei entwickelte er dafür eine völlig neue literarische Form. Er schuf den hardboiled detective, der seine Vorstellungen von Gerechtigkeit in einer zutiefst verderbten Gesellschaft durchsetzt. Dieser Typ ist eine der zentralen Gestalten unseres literarischen Lebens geworden. Ob Schimanski, Commissario Brunetti oder Fräulein Smilla, sie alle sind die Nachkommen der Detektive, die Dashiell Hammett erfand.
Er erhielt dafür keinen Nobelpreis, sondern - zumindest zu Beginn seiner Karriere - einen Cent pro Wort, denn Hammetts Geschichten wurden in so genannten Pulp Magazins gedruckt. Sie verkauften sich blendend, denn seine Charaktere waren lebensnah, seine Dialoge waren Gespräche, wie sie Menschen damals wirklich führten. Seine Geschichten fielen auf und 1928 wurde sein erster Roman gedruckt.

Cover des Diogenes Buchs: Rote Ernte. Foto: Archiv Diogenes Verlag

Red Harvest: 28 Tote und kein Happy End

Hammett gab ihm den Titel Red Harvest, was im Deutschen als Rote oder als Blutige Ernte übersetzt wird. Den Plot kennen wir aus so vielen Romanen, dass wir seine Originalität kaum mehr nachvollziehen können. Kaum vorstellbar, dass er damals neu und nie erzählt war: Ein Privatdetektiv kommt wegen eines Auftrags in eine Stadt. Dort findet er den Auftraggeber ermordet. Er sucht den Mörder und stößt auf ein unentwirrbares Netz von Verbrechern und Syndikaten. An Gerechtigkeit ist niemand interessiert, doch dem Detektiv gelingt es, sie dennoch durchzusetzen. Nach und nach säubert er die Stadt, indem er die verschiedenen Gruppen dazu bringt, sich gegenseitig umzulegen. Man sagt, dass der japanische Regisseur Kurosawa sich für seine Sieben Samurai von Red Harvest habe inspirieren lassen. Red Harvest wartet mit 28 Leichen auf, ehe die Nationalgarde übernimmt und der Detektiv die Stadt verlässt. Natürlich wird er für seine Leistung nicht gefeiert. Sein Vorgesetzter macht ihn zur Schnecke. Ein bürgerliches Happy End, in dem der Held Lob für sein couragiertes Handeln erhält, darf man bei Hammett nicht erwarten.

Hartgekochte Detektive

Weltbekannt wurde Hammett durch den Malteser Falken, Sam Spade und Humphrey Bogart. Der wurde zur Inkarnation dieses neuen Männertyps. Wie er rauchte, trank, Männer schlug und Frauen küsste! Trotz zynischer Bemerkungen folgte er unbeirrbar seinem inneren Kompass und verhalf der Gerechtigkeit zum Sieg. Viele Menschen träumten, so wie Sam Spade oder wenigstens wie Humphrey Bogart zu sein. Sie brachten Hammett Ruhm und Reichtum, ja fast eine Art Glück. Nun hatte er das Geld, seine Familie zu versorgen, sich 1937 von seiner Frau scheiden zu lassen und nach Hollywood zu ziehen, um dort ein neues Leben zu beginnen.

Leben nach den eigenen Gesetzen

Im gleichen Jahr trat Hammett der Kommunistischen Partei bei. Aus Überzeugung. Auch wenn er kein Freund der Sowjetunion war und die Kommunistische Partei der USA gnadenlos kritisierte. Ebenfalls aus Überzeugung meldete er sich 1942, um mit 48 Jahren den Faschismus in Europa zu bekämpfen.
Sein Land hat es ihm nicht gedankt. Als er in die Heimat zurückkehrte, hatte die Jagd auf Kommunisten bereits begonnen. Hammett wurde aktiv. Er stellte sich 1946 als Präsident dem Civil Rights Congress zur Verfügung. Eine seiner Maßnahmen war es, einen Fond einzurichten, der die Verteidigung mittelloser Angeklagter finanzierte, die wegen ihrer politischen Anschauungen vor Gericht standen. Natürlich machte ihn das bei den Kommunistenjägern unbeliebt. Als er sein Recht auf Zeugnisverweigerung in Anspruch nahm und die Geldgeber des Fonds verschwieg, wurde Hammett zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Dort lernte am eigenen Leib kennen, welche Möglichkeiten die Justiz hat, ihre Opfer zu schikanieren.
Und trotzdem nahm Hammett - genau wie ein Sam Spade es getan hätte - lieber die Strafe in Kauf, als seine Überzeugungen zu verraten.

Kein Gulag, nur der wirtschaftliche Ruin

Doch damit war die Sache noch nicht erledigt. Nachdem er sich 1953 im Rahmen einer Befragung vor dem Kongress weigerte, die Namen anderer Kommunisten zu nennen, kam er - einer von mehr als 300 Schauspielern, Autoren und Regisseuren - auf die berüchtigte schwarze Liste. Das bedeutete Publikationsverbot. Dazu erhob die Steuerbehörde plötzlich eine Nachforderung in Höhe 111.000$, die Hammett natürlich nicht begleichen konnte. Sie gab dem Staat die Möglichkeit, alle eventuell aus In- und Ausland eingehenden Tantiemen zu konfiszieren und so den eben noch wohlhabenden Krimiautor zu ruinieren.
Hammett zog sich danach zurück. Er trank, lebte wie ein Einsiedler, ehe er durch einen schweren Herzanfall im Jahr 1955 zum Pflegefall wurde. Eine Freundin nahm ihn auf und finanzierte sein Leben. Da dürfte es wie ein Hohn gewirkt haben, als der Staat dem einstigen Millionär eine Veteranenrente in Höhe von 131 Dollar zusprach. Lange mussten die Vereinigten Staaten nicht mehr für Hammett zahlen. Er starb am 10. Januar 1961 an Lungenkrebs.

Seine Gestalten und seine Plots haben ihn überlebt. Sie sind zu "Tropes" geworden, zu wiederkehrenden Typen und Motiven, die wir schon so oft gelesen haben, dass wir sie sofort erkennen. Dank Hammett hat sich der Kriminalroman zu der wohl beliebtesten literarischen Form der Gesellschaftskritik entwickelt. Besser geworden ist die Gesellschaft dadurch nicht.